Haftbefehl

Haftbefehl / Strafbefehl

Haftbefehl erhalten – Tipps vom Strafverteidiger für die Untersuchungshaft

Ein Haftbefehl und die anschließende Untersuchungshaft treffen jeden Beschuldigten schwer. Umso wichtiger ist es, dass Sie Ihre Rechte bei einer Verhaftung kennen.


Vorab: Ein Haftbefehl wird erlassen, um die vorübergehende Untersuchungshaft durchzusetzen. Es geht dabei nicht um eine Haftstrafe für eine begangene Tat. Diese kann erst im Zuge der Verurteilung nach einem aufwändigen Gerichtsprozess verhängt werden.


1. Was tun nach einem Haftbefehl? Drei Tipps vom Fachanwalt für Strafrecht 

2. Wann kommt es zu einem Haftbefehl?

3. Checkliste: Welche Rechte habe ich bei einem Haftbefehl?



1. Was tun nach einem Haftbefehl? Drei Tipps vom Fachanwalt für Strafrecht


Die Verhaftung durch die Polizei ist für jeden Beschuldigten nervenaufreibend. Die drei wichtigsten Hinweise für das richtige Verhalten nach einem Haftbefehl lauten daher:

  • Bleiben Sie ruhig!
  • Leisten Sie gegen die Maßnahmen der Polizei keinen Widerstand. Sie können sich dem Haftbefehl so nicht entziehen.
  • Machen Sie keine Aussage!

Als Beschuldigter haben Sie das Recht zu schweigen. Ohne die Beratung durch Ihren Anwalt für Strafrecht sollten Sie von jeder Aussage absehen. Auch spontanes Plaudern mit den Beamten sollten Sie unterlassen. Ihre Aussagen können mitunter vor Gericht gegen Sie verwendet werden. 

 Kontaktieren Sie einen Fachanwalt für Strafrecht!

 Ihnen steht das Recht zu, frühzeitig einen Anwalt zu kontaktieren. Bestehen Sie darauf!


2. Wann kommt es zu einem Haftbefehl?


 Ein Haftbefehl gem. § 112 StPO hat im Wesentlichen folgende Voraussetzungen:


 - Es besteht dringender Tatverdacht 

 - Es liegt ein Haftgrund vor 

 - Der Haftbefehl muss verhältnismäßig sein


Der dringende Tatverdacht ist die höchste Verdachtsstufe. Die Staatsanwaltschaft muss also sehr konkrete Hinweise dafür haben, dass Sie die vorgeworfene Tat auch begangen haben.


Folgende Haftgründe kommen in Betracht:


- Flucht- oder Fluchtgefahr

- Verdunkelungsgefahr

- Wiederholungsgefahr 

Auf der Flucht ist der Täter zum Beispiel, wenn er seinen Wohnsitz ohne neue Anschrift aufgibt, um sich dem Strafverfahren zu entziehen. Fluchtverdacht wird zum Beispiel häufig bei Ausländern angenommen, die sich in ihre Heimat abzusetzen drohen und dort wahrscheinlich untertauchen werden. Auch jede Form der Fluchtvorbereitung kann den Fluchtverdacht begründen.


Unter Verdunkelungsgefahr versteht man, dass der Beschuldigte womöglich Zeugen oder andere Beweismittel beeinflussen wird. Dafür kann zum Beispiel sprechen, dass er zuvor schon Zeugen bedroht oder versucht hat, Beweismittel wegzuschaffen.


Gemäß § 112a StPO kann auch ein Haftbefehl erlassen werden, wenn die Gefahr der Wiederholung bestimmter schwerer Straftaten droht. Darunter fallen zum Beispiel der Raub, Sexualstraftaten, schwere Körperverletzungsdelikte, der Betrug sowie Brandstiftungsdelikte. Angenommen wird diese Wiederholungsgefahr häufig bei Serientätern. Die allgemeine Vermutung, dass der Beschuldigte noch vor der Verurteilung erneut zur Tat schreiten wird, genügt allerdings nicht!


Besonders wichtig, weil häufig vernachlässigt, ist der Aspekt, dass der Haftbefehl verhältnismäßig sein muss. Der Richter hat also die Folgen der Untersuchungshaft für den Beschuldigten (berufliche Existenz, Gesundheitszustand, familiäre Auswirkungen,…) abzuwägen mit der Bedeutung der Strafverfolgung (Schwere der Straftat, kriminelle Intensität, sozialschädliche Auswirkungen,…).


 113 StPO schreibt zum Beispiel vor, dass wegen Verdunkelungsgefahr kein Haftbefehl ergehen darf, wenn die Tat nur mit bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe oder 180 Tagessätzen bedroht ist. Auch wegen Fluchtgefahr darf dann nur eingeschränkt ein Haftbefehl erlassen werden.

Ob ein Haftbefehl im Einzelfall verhältnismäßig ist, kann meist nur mithilfe eines Fachanwalts für Strafrecht beantwortet werden.


Wissenswert ist zudem, dass ein Haftbefehl nur vom Richter erlassen werden kann. Auch bei „Gefahr im Verzug“ kann die Staatsanwaltschaft nicht allein tätig werden.


 3. Checkliste: Welche Rechte habe ich bei einem Haftbefehl?

Folgende Rechte haben Sie als Beschuldigter, wenn Ihnen ein Haftbefehl vorgelegt wird:


Ihnen muss ein schriftlicher Haftbefehl ausgehändigt werden. Darin ist u.a. anzugeben:

  • der Beschuldigte
  • die vorgeworfene Tat
  • Zeit und Ort ihrer Begehung
  • die gesetzlichen Merkmale der Straftat
  • die anzuwendenden Strafvorschriften
  • der Haftgrund
  • die Tatsachen, die zum Tatverdacht und Haftgrund führen


Nur in Ausnahmefällen genügt es, dass Ihnen der Vorwurf mündlich mitgeteilt wird. Die schriftliche Übermittlung ist dann schnellstmöglich nachzuholen.


Eine Übersetzung des Haftbefehls muss erfolgen, sollten Sie ihn in deutscher Sprache nicht verstehen. Mindestens muss Ihnen der erhobene Vorwurf in einer für Sie verständlichen Sprache mündlich mitgeteilt und die schriftliche Übermittlung nachgeholt werden.

Sie dürfen einen Strafverteidiger anrufen.

Sie müssen keine Aussage zur Beschuldigung machen. 

Sie haben in einigen Fällen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger.

Sie müssen über Ihre Rechte belehrt werden (nach Möglichkeit schriftlich).

Unter anderem sind Sie darauf hinzuweisen, dass spätestens am Folgetag ein Richter über Ihre Inhaftierung entscheidet, Sie schweigen und schon jetzt einen Anwalt hinzuziehen dürfen.

Sie müssen so schnell wie möglich, spätestens am Folgetag, einem Richter vorgeführt werden. Dieser entscheidet darüber, ob Sie in Untersuchungshaft bleiben. Das richtet sich danach, ob die Voraussetzungen eines Haftbefehls noch bestehen (s.o.).

Sie dürfen die Akten einsehen.

Sie dürfen in aller Regel unverzüglich einen Angehörigen informieren.

Sie können die Untersuchung durch einen Arzt

Sie dürfen Beweise beantragen, die Sie entlasten.

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