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Polizeiliche Festnahme

Bianca Föhre • Apr. 23, 2021

Darf ich mich gegen eine polizeiliche Festnahme wehren?

Zunächst erst einmal eine Erläuterung zu dem Begriff der Festnahme.

Als Festnahme wird das Festhalten einer Person (Personengewahrsam) aufgrund straf- oder zivilrechtlicher Vorschriften bezeichnet. Nicht zu verwechseln ist die Festnahme mit der Verhaftung. Auch wenn im Alltag einer peniblen Differenzierung zwischen Festnahme und Verhaftung eher weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird, so bezeichnen beide Begriffe unterschiedliche Geschehensabläufe.

Eine Festnahme ist nach § 127 StPO nur vorläufig erlaubt, wenn entsprechende Verdachtsmomente vorliegen. Sofern der Festgenommene nur zur Feststellung seiner Identität festgenommen wurde, wird er umgehend wieder entlassen. Sollten andere Gründe für die Festnahme vorliegen, so ist der Festgenommene innerhalb eines Tages dem zuständigen Richter vorzuführen, welcher darüber entscheidet, ob der Festgenommene freigelassen oder gegen ihn ein Haftbefehl erlassen wird.  Der Festgenommene braucht jedoch nicht alleine dem Haftrichter gegenüber zu treten, sondern hat das Recht auf Beistand durch einen Rechtsanwalt.


Eine Verhaftung hingegen basiert bereits auf einem Haftbefehl, welcher durch einen Richter erlassen wurde. Sofern keine Haftverschonung in Betracht kommt, dies kann z.B. durch einen Rechtsanwalt beantragt werden, wird der Verhaftete in Untersuchungshaft genommen.


Vorliegend geht es jedoch um die Festnahme durch die Polizei.

Die Festnahme dient der Strafverfolgung. Sie steht unter Gesetzesvorbehalt, was zum einen bedeutet, dass kein Handeln ohne entsprechendes Gesetz erlaubt ist, zum anderen jedoch, dass, sofern ein entsprechendes Gesetz vorliegt, dadurch eine Einschränkung der Grundrechte möglich ist.


Für eine Festnahme müssen diverse Voraussetzungen vorliegen, in § 127 StPO heißt es dazu:


§ 127 Vorläufige Festnahme


(1) Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. Die Feststellung der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes bestimmt sich nach § 163b Abs. 1.

(2) Die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes sind bei Gefahr im Verzug auch dann zur vorläufigen Festnahme befugt, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls vorliegen.

(3) Ist eine Straftat nur auf Antrag verfolgbar, so ist die vorläufige Festnahme auch dann zulässig, wenn ein Antrag noch nicht gestellt ist. Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist.

(4) Für die vorläufige Festnahme durch die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes gelten die §§ 114a bis 114c entsprechend.


Gegen eine rechtmäßige Festnahme sollte man sich nicht aktiv wehren. Insoweit besteht eine Duldungspflicht. Wehren Sie sich dennoch aktiv, so kann hierdurch schnell der Tatbestand des § 113 StGB Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder sogar des § 114 StGB Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte verwirklicht werden, welche u.a. mit Freiheitstrafe geahndet werden.

Neben dieser strafrechtlichen Sichtweise darf jedoch auch die zivilrechtliche Sichtweise nicht außer Acht bleiben. Sofern Sie sich gegen eine Festnahme aktiv wehren und dadurch der Polizeibeamte verletzt wird, kann dieser Ihnen gegenüber Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen. Und auch der Dienstherr des Beamten kann Sie zivilrechtlich in Anspruch nehmen, wenn der Beamte beispielsweise aufgrund einer Verletzung, welche in Zusammenhang mit der Festnahme oder z.B. auch einer Verfolgung steht, seinen Dienst nicht fortführen kann.


Nun könnte man annehmen, dass es aber erlaubt ist, sich zumindest gegen eine unrechtmäßige Festnahme aktiv zur Wehr zu setzen. In Betracht könnte insoweit ein Notwehrrecht nach § 32 StGB kommen. Grundsätzlich kann dies auch so bejaht werden, jedoch nicht ohne Nennung eines großes ABERs.


Hierzu eine Entscheidung des BGH vom 09.06.2015:


"Die Rechtmäßigkeit des hoheitlichen Handelns in einem strafrechtlichen Sinne hängt vielmehr lediglich davon ab, dass „die äußeren Voraussetzungen zum Eingreifen des Beamten“ gegeben sind, „er also örtlich und sachlich zuständig“ ist, er die vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten einhält und der Hoheitsträger sein - ihm ggf. eingeräumtes - Ermessen pflichtgemäß ausübt. (...) Der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit (im Sinne von § 32 StGB und § 113 StGB) von hoheitlichem Handeln stets in den Blick genommen, in welcher Lage sich (Polizei)Vollzugsbeamte bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeit befinden. (...)

Diese müssen sich in der konkreten Situation in der Regel unter einem gewissen zeitlichen Druck auf die Ermittlung eines äußeren Sachverhalts beschränken, ohne die Rechtmäßigkeit des eigenen Handelns auf der Grundlage des materiellen Rechts oder des (Verwaltungs)Vollstreckungsrechts bis in alle Einzelheiten klären zu können. Das Bundesverfassungsgericht hat vor dem dargestellten Hintergrund bezüglich der Auslegung des Rechtmäßigkeitsbegriffs in § 113 Abs. 3 StGB verfassungsrechtlich akzeptiert, dass bei der Notwendigkeit umgehenden behördlichen Einschreitens eine Pflicht des betroffenen Bürgers zur Befolgung einer wirksamen, wenn auch gegebenenfalls rechtswidrigen Diensthandlung besteht. Er muss die Amtshandlung grundsätzlich hinnehmen und kann erst nachträglich eine Feststellung der eventuellen Rechtmäßigkeit der Maßnahme erreichen."


Nur wenn absolut und zu 100 % feststeht, dass die Maßnahme rechtswidrig ist, besteht ein sicheres Notwehrrecht und Sie dürfen sich gegen die Festnahme aktiv zur Wehr setzen. Da einem  juristischen Laien eine solche Einschätzung eher schwer fallen dürfte, dürfte damit auch klar sein, dass es besser ist, sich auch nicht gegen eine scheinbar rechtswidrige Maßnahme zur Wehr zu setzen.

Was jedoch weiterhin erlaubt ist, ist sich passiv zu Wehr zu setzen, d.h. einfach gar nichts machen. So auch häufig in den Nachrichten bei Großdemonstrationen zu sehen, wenn die Demonstranten sich hinsetzen und einfach sitzen bleiben und sodann von den Polizeibeamten weggetragen werden müssen.

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